| | | Die nordkoreanische Atombombe und der blinde Fleck der Wahrnehmung | Die letzten Atomwaffenversuche Nordkoreas und die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten Trump vor der UN und seine Ansage: „Dann haben wir keine andere Wahl als die totale Zerstörung Nordkoreas“ zeigen die gefährliche Zuspitzung der Lage. Der Konflikt nimmt eine Dimension an, die nicht nur Millionen Opfer fordern kann, sondern den Weltfrieden gefährdet. Die Zuspitzung der Krise zeigt aber auch, was es bedeutet, wenn Neurotiker an der Spitze von Atomwaffenstaaten bei ihren kindisch-gefährlichen Sandkastenspielen über die schrecklichsten Vernichtungswaffen der Welt verfügen.
Die zunehmende Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen durch den Export von neuen AKW in Spannungsgebiete und durch die Entwicklung und Verbreitung neuer, kleiner Reaktoren ist der große blinde Fleck der aktuellen Berichterstattung.
Wie kam Nordkorea zu seinen Atombomben?
1962 beschloss die Regierung Nordkoreas, bei Yŏngbyŏn ein Atomforschungszentrum einzurichten. 1965 errichtete Nordkorea in Yŏngbyŏn mit sowjetischer Hilfe einen Forschungsreaktor mit 2 Megawatt Leistung. Er ging 1967 in Betrieb. Zugleich begann Pjöngjang mit dem Bau eines eigenen, kleinen, zweiten Reaktors mit einer Leistung von fünf Megawatt. Der Reaktor kann nach Schätzungen pro Jahr bis zu acht Kilogramm Plutonium erzeugen. "Yŏngbyŏn ist Nordkoreas einzige Anlage zur Produktion von Plutonium für sein Atomwaffenprogramm.", schrieb die Süddeutsche Zeitung.
Während die Welt und die Medien gebannt nach Nordkorea schauen, vergrößert sich die weltweit die Gefahr, dass immer mehr Länder, Diktaturen und Despoten über den Umweg der so genannten "friedlichen Nutzung der Atomenergie" in den Besitz von Atomwaffen kommen.
Schon am 11.12.2007 hatten die französische Umweltorganisation CSFR und der Bund für Umwelt und Naturschutz am Südlichen Oberrhein die gefährlichen Pläne des damaligen französischen Staatspräsidenten Sarkozy, Atomkraftwerke und damit Atomkraftwaffen nach Libyen und in andere Spannungsgebiete des Nahen Ostens zu exportieren, als Gefährdung des Weltfriedens scharf kritisiert. Die Presseerklärung stieß in den deutsch-französischen Medien auf „keine Resonanz“, denn im Jahr 2007 war Herr Gaddafi noch ein „guter, nützlicher Diktator“, mit dem sich gute Geschäfte machen ließen. Es brauchte keine 10 Jahre um zu zeigen, wie entsetzlich ein französischer AKW-Export gewesen wäre. Hätte Herr Sarkozy ein wenig früher seine AKW-Export-Pläne nach Libyen realisiert, dann hätte das Land, ähnlich wie Nordkorea, recht schnell über Plutonium und Atomkraftwaffen verfügen können.
Heute stellen wir öffentlich die Frage, warum sonnenreiche Länder (in politischen Spannungsgebieten) wie die Türkei, Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate Atomkraftwerke bauen wollen, obwohl mit Photovoltaik und Windkraft doch zwischenzeitlich viel kostengünstiger Strom erzeugt werden kann. Geht es tatsächlich um den teuren Atomstrom oder um einen Machtzuwachs nach nordkoreanischem Vorbild?
Atomenergie wird aus PR- und Durchsetzungsgründen gerne als emissionsarme, klimafreundliche Form der Energiegewinnung dargestellt, mit der die Ziele der Klimakonferenz aus Paris erreicht werden können. Doch es war gerade Saudi-Arabien, das sich vehement und am Ende vergeblich gegen das Pariser Klimaabkommen gestellt hatte.
Die nordkoreanische Atombombe entsteht (über Umwege) mit Hilfe kleiner Atomkraftwerke. Gleichzeitig läuft weltweit die Kampagne für neue, kleine AKW, für den Thorium-Reaktor. Kleine und kleinste "umweltfreundliche & grüne" Thorium-Atomkraftwerke sollen zukünftig überall auf der Welt gebaut werden und die Forschung wird mit EU-Geldern gefördert. Aus den alten, großen Druck- und Siedewasser-Reaktor würden unzählige Klein- und Kleinstreaktoren in allen Ländern der Welt. In jedem dieser Mini-Reaktoren entsteht die Radioakivität vieler Hiroshima-Bomben. Für die heutigen und zukünftigen Diktatoren der Welt brächte schon die Möglichkeit, "schmutzige Bomben" zu bauen einen "nordkoreanischen Machtzuwachs". Die Abscheidung von Protactinium in Thorium-Reaktoren ist technisch möglich. 8 Kilogramm (waffenfähiges) Uran 233 können aus 1,6 Tonnen Thorium innerhalb eines Jahres hergestellt werden. Die IAEO rechnet, dass diese Menge Uran für den Bau einer Nuklearwaffe genügt.
Die wiederbelebte Idee der Verbreitung von vielen kleinen & großen AKW auf der Welt ist ein globales Selbstmordprogramm und ein atomarer Alptraum.
Atomkraftwerke sind Diktators und Terrorists Liebling. Der aktuelle Alptraum der nordkoreanischen Atombewaffnung würde durch den weltweiten Export von neuen AKW in Spannungsgebiete und von "schönen, kleinen Thoriumreaktoren" in´s Unendliche vergrößert. | Mehr | | | | Eintrag vom: 24.09.2017 | Autor: Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer Freiburg |
|
zurück
|